Plakat-
ausstellung
juni 2000
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Abschiebung um jeden Preis
33.000 Abschiebungen im Jahr. So lautete die Erfolgsbilanz des Bundesgrenzschutzes
(BGS) für 1999. Damit hält Deutschland einen traurigen Europarekord. Abgeschoben
wird auch in Kriegs- und Bürgerkriegsregionen und in Folterstaaten wie
Algerien, Türkei, Afghanistan und Iran. Um die Abschiebung durchzu-setzen,
scheint jedes Mittel recht zu sein.
Pro Asyl im Frühjahr 2000: »Einziger Maßstab ist zumeist: Überlebt
der abzuschiebende Mensch den Flug? So diagnostizierte ein Arzt des Gesundheitsamtes
Germersheim bei einem Abzuschiebenden eine behandlungsbedürftige Störung,
die bei der Durchführung der Abschiebung zur Verstärkung von Angstsymptomen
und Suizidgefahr führe. Sein Vorschlag: Nicht der Verzicht auf die Abschiebung,
sondern die Gabe beruhigender Psychopharmaka. Weitere Empfehlung: Zwischen
der Zustellung des Ausreisebescheides und der Durchführung der Abschiebung
solle wenig Zeit liegen und der Betroffene permanent überwacht werden,
damit ihm ein Selbstmord nicht gelingen kann.«
Um eine effektive Abschiebepraxis durchzusetzen, bedarf es eines hohen
Maßes an Spezialisierung und ressortübergreifender Zusammenarbeit, aber
auch an bösartiger Fantasie und Kaltherzigkeit bei dem beteiligten Personal
der Innenministerien, der Ausländerbehörden, des BGS, der Gesundheitsämter
und der Fluggesellschaften.
Mit ihren zahlreichen Direktverbindungen in nahezu alle Regionen der Welt
kommt der Lufthansa bei den Abschiebungen eine große Bedeutung zu. Von
den 32.922 Ausländern, die nach Angaben des BGS 1999 abgeschoben wurden,
flog die Lufthansa nach eigenen Angaben 10.000 außer Landes. Etwa 90 Prozent
der Abgeschobenen in Linienmaschinen fliegt ohne Begleitung. Der BGS überwacht
zwar den Ein-stieg ins Flugzeug, doch die betroffenen Personen werden
als passiv eingeschätzt. Viele fliegen in der Tat insofern »freiwillig«
mit, weil ihnen ansonsten nur die Fortsetzung der Abschiebehaft droht.
Bei Lufthansaflügen dürfen aus Sicherheitsgründen maximal fünf unbe-gleitete
»Deportees« im gleichen Flugzeug fliegen. Mit den als renitent oder gar
potenziell gefährlich eingestuften Abzuschiebenden - nach offiziellen
Angaben etwa 10 Prozent der Betroffenen - sind 1998 rund 9.000 Beamte
mitgeflogen. Bis vor kurzem war es durchaus üblich, den Widerstand auch
mit Hilfe von Beruhigungsmitteln, Knebeln und Klebebändern zu brechen.
Auf die öffentliche Kritik an dieser brutalen Abschiebepraxis reagierte
das Bundesinnenministerium und wies den BGS an, auf diese Hilfsmittel
zu verzichten. Der Einsatz von Fuß- und Handfesseln und körperlicher Gewalt
durch die begleitenden Beamten wird jedoch weiterhin vom Ministerium und
den Luftfahrtgesellschaften gebilligt. Misshandlungen - selbst der Tod
von Kola Bankole und Mohamed Amir Ageeb - blieben für die Verantwortlichen
bisher ohne Folgen.
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